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Alt-Right oder Greta?

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Vorwarnung:
Manche schreiben Bücher. Manchmal sind die kürzer, manchmal länger. Ich kenne welche, die schreiben 800 Seiten-Bücher. Ich schreibe Aufsätze und Vorträge. Die sind oft sehr lang. Das liegt daran, dass ich immer versuche, ein Big Picture zusammenzusetzen und dafür Argumente bzw. Konkretionen zu liefern, denn sonst ist das Big Picture nur eine beliebige Behauptung.
Inzwischen werden überall Lesedauern angegeben. Ich gebe an: mindestens 1 Stunde, wahrscheinlich mehr. Aber die gute Botschaft ist: Wenn man es als mein derzeitiges Buch ansieht, ist es außerordentlich kurz, und man kann es locker zwischen Büroschluss und Tagesschau durchlesen und trotzdem noch am Abendbrot teilnehmen.

Ich denke, das ist das einzige, was wir tun können, dass wir uns einen Reim drauf machen, was los ist, bzw. was wir beobachten, was los ist. Darauf könnten wir uns einigen. Ich möchte meine Reime auf meine Beobachtungen folgendermaßen sortieren:

  1. Das ist, was wir alle haben: Eine Vorstellung davon, was Medien sind, und was sie mit Gesellschaft zu tun haben. Aber wir haben nicht alle dieselbe. Und darum reden wir oft aneinander vorbei, und oft sogar, ohne es zu merken. Ich lege also meine Vorstellung auf den Tisch. Dann schauen wir mal.
  2. Das ist vor allem, aber nicht nur, für die wichtig, die mit Wissenschafts- und Bildungssystemen zu tun haben.
  3. Tendenzen und Optionen möchte ich sowohl gesellschaftlich zeigen, als auch dann noch spezieller bezogen aufs Bildungssystem
  4. Bei „Was tun“ geht es dann nicht speziell um die Pädagogik. Es geht um Politik. Und ganz am Schluss um die persönliche Strategie.

Pädagogik vor Technik!, sagen die Lehrer, und „Lernen beginnt mit der Unterrichtsplanung des Lehrers“. Diese Vorstellungen sind immer in Übereinstimmung mit dem Alltagsverstand. Das ist nicht zufällig so. Warum es so ist, muss ich hier nicht weiter erklären. Es genügt vielleicht der Hinweis: Kulturelle Hegemonie.
Unterrichtsplanung ging vor 40 Jahren so, als ich Referendar wurde, und geht auch heute noch so.
Wie gesagt, nicht nur Lehrer, sondern alle, selbst die, die im digitalen Medium zu Hause sind, 24 Stunden / 7 Tage die Woche, und sogar diese Medienwelt mitproduzieren, haben die Vorstellung, dass die Medien die Container sind, in denen der Inhalt (Content) ausgeliefert wird. Selbst wenn sie auf der Absichtsbekundungsebene anders sprechen, gibt es im Übergang zur Praxis einen Bruch, und sie konzeptualisieren ihre Praxis von heute mit theoretischen Vorstellungen von gestern. Das ist nicht dumm oder unverständlich, sondern den Verhältnissen geschuldet, die uns alle zum äußersten Spagat zwischen verschiedenen Epochen zwingen.

Vor mehr als 15 Jahren habe ich einen anderen Medienbegriff gelernt. Das Dreieck von Vygotskij, mit dem instrumentellen Gegenstand – das ist das Mittel – brauche ich ja hier nicht zu erklären. Bei Lehrern muss man klären, dass es nicht der Lehrer ist, der da steht, denn die traditionelle Didaktik stellt ihn genau dahin. Aber auch für Kulturhistoriker ist manchmal neu, was ich von Georg gelernt habe als Unterscheidung zwischen Medien und Mittel. Und hier ist mein Visualisierungsversuch von Volkers Beschreibung: Das Verhältnis von Mittel zu Medium ist nicht ein 3-Plus-4-Verhältnis, sondern ein 3-in-4-Verhältnis. Ich hätte es ohne Visualisierung nicht verstanden. Mengenlehre war doch nicht so blöd.

Pädagogik und Alltag sagen: Der Computer ist auch nur ein Werkzeug
Na klar ist der Computer auch ein Werkzeug, aber nicht nur.

Was lernt uns das? Medien sind etwas, was wir komplex verstehen müssen. Wenn wir die Ebene der Geräte oder Werkzeuge mit dem Medium gleichsetzen, dann ist das eine Reduktion, die uns in Teufels Küche bringt, z.B. dahin, dass tatsächlich noch immer darüber diskutiert werden muss, dass die Einführung von iPads im Unterricht nicht das Lernen automatisch zum Positiven verändern. Dass sie aber andererseits auch nicht automatisch das Lernen in eine Unterordnung unter die neoliberalen Kapitalinteressen bewirken.

Egal wo wir hier anfangen, diese Spirale dreht sich immer weiter. Michael Gieseckes Darstellung des historischen Prozesses. Jedenfalls, was die Ebene der Ideologie, der Kommunikation und der Medien angeht.
Mit dem Fortschrittsoptimismus des 20. Jh. stellen wir uns vor, dass sie sich immer höher schraubt, kein Zurück. Nach dem „Zivilisationsbruch“ durch den Holocaust und heute mit der rasenden Fahrt vor die Wand der Gattungs-Existenz durch dieselbe Zivilisation, müssen wir die Spirale komplexer denken. Nicht nur 3 Schritt vor, 2 zurück, wie die Echternacher Springprozession, also die Richtung regelmäßig wechselnd unter Beibehaltung einer dominierenden Richtung nach oben. Systeme können kaputt gehen. An ihrem eigenen Betriebsmechanismus.

Um aber die Medienabhängigkeit der Gesellschaft erst mal auf den Punkt zu bringen:

Ein interessanter Weltbildapparat ist das Cosmic Eye. Wir können mit dem digitalen Medium etwas erleben, was bisher nur symbolisch grafisch oder aufwändig im Planetarium inszeniert werden konnte, dadurch immer etwas am Rande, ein besonderer Event zum Staunen, das nicht wirklich in unser Alltags-Weltbild Eingang fand.

Durch das gewohnheitsmäßige Hinein- und Herauszoomen ermöglichen wir ein Verständnis der verschiedenen Größenordnungen von Kontext und Perspektivität. Das erleichtert den Übergang vom kausal-linearen zum immer neu re-konkretisierenden Komplexitätsdenken.
Man kann sich das auch anders vergegenwärtigen: Jeder kennt die Möglichkeit, mit der Tastenkombination Steuerung Plus die Website, die gerade zu sehen ist kleiner oder größer auf dem Monitor zu machen. (Ein Beispiel, das ich bei Axel Krommer gelernt habe). Das ist auch ein zoom-in zoom out, das wir selbstverständlich nutzen, ebenso das Surfen im Hypertext. Es wird zur primären Sozialisation unserer Enkel dazu gehören, wie das Blättern in Pappbilderbüchern zum Zwecke des Lernens, dass das Symbol eine andere Ebene als die Bedeutung ist, oder die Karte nicht das Territorium, das wir ja schon mit 2, 3 Jahren beginnen verstehen zu lernen..

Eine Einteilung der Epochen nach Medien ist für dialektische Materialisten, die gewohnt sind, nach Produktionsweise zu periodisieren, gewöhnungsbedürftig. Aber vielleicht hilft Dirk Baecker, der die Epoche, deren Heraufziehen wir gerade erleben, übrigens ganz allgemein „nächste Gesellschaft“ nennt. Faust Erdmann und Georg Rückriem nennen sie Lernkultur, Epoche des Lernens, und dem kann ich sehr viel abgewinnen. Sie beziehen diesen Namen darauf, dass sowohl menschliches Lernen, als auch Maschinenlernen, als auch das Lernen sozialer Systeme diese Epoche ausmacht. Baecker also sagte zu dieser Periodisierung in einem Vortrag folgendes: „Vielleicht ist es ein sehr grobes Muster zur Periodisierung. Aber es hat einen Vorteil: Wir können sehen, dass unsere Medienkatastrophe schon die vierte ist, die die Menschheit überstanden hat.“ Mit der Einschränkung, dass wir es diesmal unter dem Zeitdruck durch den Klimawandel schaffen müssen.
Dass es plausibel ist, das Netzwerken als ein Hauptmerkmal der neuen Epoche zu sehen, können wir uns besser vorstellen, wenn wir die systemtheoretische Vorstellung, dass Gesellschaft aus Kommunikation besteht, sichtbar machen:

Das ist ein Bild aus dem Opte-Projekt von 2003, also vor schon 15 Jahren! Barrett Lyon hat alle www-Impulse eines Tages visualisiert. Heute hätten wir da nichts mehr zu unterscheiden im weißen Rauschen. Aber es ist ein schönes Symbolbild.

Aber Digitalität verändert nicht nur unsere Kommunikationsgewohnheiten. Es geht eben auch um eine andere Gesellschaft, also auch um die Ökonomie. Nicht nur mittelbar wirkt das Digitale durch Kommunikation auf die Gesellschaft, sondern direkt auf die Produktionsweise:

Alle schlagen die Hände überm Kopf zusammen, dass die „Mittelschichten“, die unsere liberale Demokratie tragen, aussterben. Ja. Das tun sie wahrscheinlich. Es gibt eine außerordentliche Zuspitzung der Gegensätze und Extreme. Die Bildungsvoraussetzungen spielen dabei eine große Rolle.
An der Schnittstelle Mensch-Maschine muss noch gearbeitet werden, u.a. war das ein Problem mit den abstürzenden Boeings neulich.
Und dann bildungsbezogen anspruchslose Arbeiten, die man billiger von Menschen erledigen lassen kann, obwohl KI sie teilweise schon übernehmen könnte.
Oder die KI wird eingesetzt zur standardisierten „Arbeit am Menschen“. Dann bekommen die mit genügend Kapital eine gute Dienstleistung im Bildungs- bzw. Gesundheitswesen mit einer hohen customer-staff-ratio, also einer Mund-zu-Mund-Beatmung, das ist dann noch besser als heute.
Die 99% auf der anderen Seite werden standardisiert schlecht abgefertigt mit KI statt Menschenbetreuung, und das ist schlechter als heute.

Medien sind nicht nur Weltbildapparate, sondern auch Weltbildungsapparate.

Wenn man hier erst mal angefangen hat, nachzudenken … Ich bin mir noch nicht sicher. Aber es wird m.E. deutlich, dass der Innovationszirkel Gieseckes, den wir oben gesehen haben, zu eng auf den Zusammenhang Medien und Denken gezogen war. Denn Weltbild und Weltbildung – im Sinne von construction, nicht education –, hängen selbstverständlich auch zusammen. Hier kommt der Therapeut Giesecke in den Vordergrund, denn er hat hier den Fokus der Kommunikation speziell auf Interaktionssystemen. Aber die Kommunikation betrifft auch die anderen sozialen Systeme: Organisationen und Gesellschaft, die die Systemtheorie als Kommunikationen immer nur an Bewusstseine gekoppelt versteht. Da ist etwas zu klären, denn die neue Stufe der Medientechnologie verändert die Produktionsweise.

Jetzt wäre der Golem der Künstlichen Intelligenz logisch linear an der Reihe. Aber wir müssen ihn auf später verschieben und gucken, wo wir sind. Ja. Vorher nehmen wir einen anderen Faden auf. Der Golem kommt danach.

Also Wissen und Lernen. Wie ändern sie sich unter den Bedingungen der Digitalität.

Der wissenschaftliche Wissensbegriff hat durch die Informatik neuen Anschub bekommen. Das ist 2. Hälfte 20. Jh. Für mehr Verstehen braucht es nicht größere Detailkenntnis, wie der Alltagsbegriff meint, sondern mehr Kontext und mehr Bedeutung. Mehr Wissen im Alltagsverständnis ist zoom-in und dann vllt noch falsche Abstraktionen.
Mehr Wissen nach dem informatischen Verständnis bedeutet zoom-out, d.h. bedingte Zusammenhänge, das führt zu anderen Abstraktionen.
Für uns Lehrer ist ungemein wertvoll an diesem Modell auch die Unterscheidung zwischen Information und Wissen. Das Internet ist voller Information. Wissen ist, sich seinen eigenen Reim draus machen. Die Lehreraufgabe ist nicht mehr, Informationen bereitzustellen. Das macht das Netz. Die Lehreraufgabe ist auch nicht, die „richtigen Informationen“ für die Schüler rauszufiltern und ihre gesellschaftliche Bedeutung mit ihnen zusammen zu vermitteln als einzig richtige. Denn dann lernen sie genau das nicht: selbst ihre sinnvollen Filter zu bilden, und gesellschaftliche Bedeutungen infrage zu stellen. Lehreraufgabe ist jetzt, das Lernen der Wissensbildung/Sinnbildung anzuleiten.

Eine andere Erkenntnis, die sich infolge der Digitalisierung erneut bzw. auf neuer Stufe ergibt: Wissen ist gesellschaftlich erzeugt, eine Funktion der Psyche, Bewusstseine gekoppelt an Gesellschaft. Wissen ist die Tätigkeit, das Produzieren von Wissen viel mehr als die immer sofort überholten Ergebnisse. (Dass der Prozess nicht ohne Arbeit an den Ergebnissen – vorigen und zukünftigen – funktioniert, ist … trivial.)

Lernen. Ich gehe in dieser Reihenfolge vor: Warum, Was, Wie – auch wenn es selbstredend interdependent ist.

Lernen ist die Operationsform der Anpassung des Systems an seine Systemumwelten – oder kulturhistorisch: die Tätigkeit der Aneignung der Kultur bei der Subjektwerdung des Menschen. In beiden Versionen handelt es sich um eine Aktivität im Verhältnis zweier Systeme (psychische und soziale Systeme in der Systemtheorie) oder interaktiver Komponenten eines Verhältnisses ( Individuen/Subjekte und Gesellschaft im dialektischem Materialismus).
Diese Relation ist im historisch konkreten Alltag die in den bestehenden Verhältnissen: nämlich verkürzt aufs Ökonomische und dabei wird generell der historische und der Verhältnis-Charakter verschleiert.
Die dringendsten Probleme, die zu lösen sind, sind weltgesellschaftliche, planetare Probleme. Zoom-out-Probleme. Komplexitätsverstehen wird mehr denn je gebraucht.

Nicht eine dritte Kulturtechnik, eine Medienkompetenz oder wie auch immer, die zu dem bisherigen Lesen, Schreiben, Rechnen dazukommt, und dann wahlweise als Programmieren für Alle oder Fach Informatik als Pflichtfach oder ähnlich gefordert wird. Sondern etwas Neues, das das Alte enthält. Literacy auf der nächsten Stufe. (Hier wieder viel Credits an Georg und Faust, repräsentiert in ihrem Paper Lernkultur oder Lernkulturen.
Diese neue Literacy identifiziere ich als Komplexitäts-Denken. Das gibt es schon, bei Materialistischen Dialektikern  und bei Systemtheoretikern. Aber eben nicht als Allgemeinwissen und Alltagsdenken. Das Alltagsdenken muss so werden. Zoom-in, zoom-out. Ich bringe es auf die Formel: Wer nicht Komplexitätsdenken kann, gilt in der nächsten Epoche als Analphabet.
4 K ist in aller Munde. Die OECD hat’s in ihren Papieren, die Wirtschaftsberatung trägt es zum Bullshit-Bingo, Lehrer dealen damit. Aber es ist zur leeren Formel geworden, zur Chiffre, und zwar schon bevor das Verständnis davon, was es denn sei, überhaupt diskutiert wurde. Wenn die Wirtschaft die 4 K aufzählt, vergisst sie häufig Kritisches Denken ganz bzw. stellt es bestenfalls ans Ende der Liste. Und am liebsten spricht sie über Kreativität, unter der sie Innovation für ihre Organisationen versteht, was auch eine höchst einseitige Perspektive ist. Unter Kommunikation versteht man in der Schule oft „gute Kommunikation“ und zuweilen ist es nur das moderne Wort für „gutes Betragen“. Der berühmte Klassenrat wird dabei häufig gehijackt als Instrument der Disziplinierung.
Kollaboration wird üblicherweise verstanden als Teamwork für Ziele, die vorgegeben sind und bestenfalls abgenickt werden, keinesfalls kritisch hinterfragt.
Kritisches Denken wird verstanden als Kritisieren können. Etwas hinterfragen. Skeptisch sein. Leute: Das kann auch die AfD, die hat da sogar eine Marke draus gemacht! Dass die meisten Lehrer unter diesen Bedingungen nicht wissen, wie sie das 4K Paket „unterrichten“ sollen, wundert mich nicht.

Dies ist eine Gegenüberstellung. Ich weise deshalb auf eine allen sichtbare Sache hin, weil mir überall, wo ich sie in pädagogischen Zusammenhängen vorstelle, vorgeworfen wird, dass es eine Gegenüberstellung ist. Also dass sie etwas gegenüberstellt, anstatt eine Entwicklung zu zeigen, die doch darzustellen wäre. Aber eine Gegenüberstellung ist eben kein Instrument, um Entwicklung zu zeigen, wohl aber ein Instrument, um eine Voraussetzung dafür zu haben. Anhand der Gegenüberstellung kann ich über Entwicklung sprechen. Ich versuche hier die wesentlichen dominanten Merkmale zu zeigen, die den Lernbegriff und die systemische Lernorganisation der verschiedenen Epochen ausmachen. Und selbstverständlich wird nicht erst das Alte abgeschafft oder zerstört, und dann das Neue an seine Stelle gesetzt. Das macht der Markt mit Businesses. Aber auf der gesellschaftlichen Ebene bedeutet diese Form der Disruption immer eine Katastrophe, die viele Menschenleben kostet: Anarchie, failing states …

Auch sind die Merkmale auf der rechen Seite ja keineswegs neu. Es gibt sie als Forderungen oder auch als Konzepte subversiver Organisationen (Alternativschulen), seit es die allgemeinbildende Pflichtschule gibt. Aber eben nicht dominant in diesem Schulsystem. Die Counter-Hegemonieformen werden in Deutschland dadurch eingebunden und entschärft, dass sie in dafür vorgesehene Strukturen ausgelagert werden, nämlich in Reformschulen, d.h. Privatschulen am Rande eines grundsätzlich staatlichen Schulsystems. Daher braucht man sich überhaupt nicht wundern, dass gerade die gut funktionierenden Alternativ- oder Versuchsschulkonzepte eben nicht „in die Fläche“ gebracht werden (dürfen), sondern „Leuchttürme“ bleiben (müssen). Andere nationale Variationen, die trotz ihrer Unterschiede zu diesem einen Welt-Bildungssystem dazugehören, sind Finnland, das Land ohne Privatschulen vs. USA/UK als die Länder mit der Normalbildung in teuren Privatschulen und der Unter-aller-Sau-Bildung in staatlichen Anstalten.

Was wir noch interessantes sehen können an dieser Gegenüberstellung, ist, dass auf der rechten Seite nicht etwa normativ utopische Wünsche formuliert sind (die angeblich niemals als Standard funktionieren werden), sondern genau die Merkmale sind, die das informelle, problemorientierte Lernen im und mit dem Internetz in der Praxis längst kennzeichnet. Ich suchte jahrelang von Pontius zu Pilatus laufend eine Kur für meine Verdauungsprobleme. Bei Ärzten und in mehreren Krankenhausaufenthalten habe ich sie nicht gefunden. Große Ratlosigkeit. Aber im Internet: Problemorientiert, selbst forschend, im Austausch mit anderen, sehr ergebnisoffen, sehr mit persönlichem Sinn, fiel mir die Lösung entgegen, die seit zwei Jahren zuverlässig funktioniert. Jeder hat solche eigenen Geschichten, nehme ich an. Und jeder hat sich irgendwie selbst beigebracht, wie er in welchem Falle das Netz informell lernend für sich nutzt und wann er besser zum Experten vor Ort geht. Dabei kann man schon mal viel Zeit verbringen, denn es ist ohne Anleitung und systematisches curriculares Lernen, natürlich sehr mäandernd, trial and error-mäßig und mühsam. Wie viele Kulturzugangsgeräte hätte ich am liebsten schon aus dem Fenster geworfen, wenn es mir nicht schnell genug ging.
Was wäre, wenn die Bildungssysteme in der Lage – also klug – wären, sich auf dieses neue Lernverständnis einzustellen und umzubauen? Dann wäre das selbstverständlich immer auch noch notwendige systematische Lernen in einer Stufe darunter neu einzuordnen: Immer dann, wenn der Projekt- und Forschungsprozess, in dem der Sinn der Lerntätigkeit enthalten ist, eine systematische Episode erfordert, die dann aber mit den auf die Sinnebene bezogenen Zielen und Handlungen ausgeführt wird. Ich lerne Englisch via Netflix und memoriere niemals Vokabeln. Aber wenn ich aufgefordert werde, bei einem Treffen von Irgendwas-Spezialisten simultan zu dolmetschen, memoriere ich am Vorabend fleißig die dafür herausgesuchten Irgendwas-Spezialvokabeln.

Meiner Meinung nach ist das ungebremste Aber, das jetzt gleich kommt, nur darum so katastrophal, weil die Bildungssysteme es als Begründung für ihre Weigerung verstehen, es gerade zu ihrer Aufgabe zu machen, damit offensiv umzugehen, die Widersprüche bei den Hörnern zu packen! Dieses Aber, die Einwände, das Schlechte an dem neuen Leitmedium:

too long; didn’t read: Immer kürzer müssen die Texte sein. Längere Texte zu lesen und gründlich zu lesen, ist ganz schwierig, kein Schüler macht das mehr. Lehrer haben wegen hoher Arbeitszeiten kaum mehr Zeit dafür. Und dabei ist noch gar nicht eingerechnet, dass für die Lese- und Schreibungewohnten die neue Mündlichkeit ein Ausweg ist, überhaupt jede Schriftlichkeit zu vermeiden: Dictation App und Sprachnachrichten fördern das Verlernen des Lesens und Schreibens auf einem Niveau, das Grundlage für die Abstraktionsfähigkeit ist, wenn sie nicht nur zum Normalmodus der Alltagskommunikation, sondern auch der Arbeits- und Lernkommunikation sowie der Denktätigkeit würden. Mit DeepL Translator kann man fremdsprachigen Text verstehen, ohne die Sprache zu können. Das ist eine ungeheure Erweitertung von Erkenntnismöglichkeiten. Man darf nur nicht denken, dass es das Fremdsprachenlernen ersetzt. Frag mal die Englisch-Muttersprachler. Die können ein Lied davon singen.
Nicht dass früher alle gelesen hätten.
Lesen in der bürgerlichen Gesellschaft war Belletristik-Lesen, Goethe, Fontane. Noch heute ist Effi Briest im Kanon. Das killt schon lange die Leselust und damit auch die Lesefähigkeit mindestens genauso wie die Multimedialität des Internets, die die Notwendigkeit des Lesens relativiert. Jeder halbwegs pfiffige Schüler holt sich erstmal unter Inhaltsangabe.de das nötige „Wissen“ ÜBER den Lesestoff, oder schaut sich eine Verfilmung an, bevor er, wenn überhaupt, das Buch liest. Heute kommt es m.E. als Kernaufgabe dem Deutschunterricht zu, nicht den bürgerlichen Belletristik-Kanon, wie immer auch aufgepeppt, zu vermitteln, sondern die Fähigkeit, auch lange und komplexe Sachtexte so zu lesen, dass die daran auszuführenden instrumentellen und gedanklichen Tätigkeiten erlernt werden, die zum Verständnis und zur Urteilsfähigkeit über die Qualität des Textes und am Ende zu einer gekonnten Erwiderung führen können. Was die Fachdidaktiken der jeweiligen Fächer vorwiegend als Sachwissen vermitteln, ist vllt eine notwendige, aber bestimmt keine hinreichende Bedingung dafür, dass die SuS einen Fachaufsatz hinbekommen.

Remix ist die Gewohnheit, ganz schnell und sehr professionell wirkend verschiedene Medienpartikel verschiedener Mediensorten auf eine neue Art und Weise zu kombinieren. ZB. auf einem Padlet verschiedene Fotos, Grafiken, kleinere Texte und Videos nicht nur zu verlinken, sondern direkt oder mit visuellen Repräsentanten einzubinden. Es ist im Grunde das alte Textpassagen-Kompilieren auf neuem Niveau und sieht besser aus. Durch das Besser-Aussehen wird der verführerische Effekt, dass das Betrachten dieser zu Symbolen geronnenen Repräsentanzen schon für das Verstehen gehalten werden könnte, erhöht. Einerseits. Andererseits betrachten natürlich dadurch auch viel mehr Leute den Gegenstand als die wenigen, die früher ihre Doktorarbeiten zusammenkompilierten und damit durchkamen (Bis sie von der Plagiats-Software entdeckt wurden.) D.h. vieles kommt überhaupt zum ersten Mal in den Horizont vieler Menschen, und das ist besser als nicht.

Die Speisekarte wird immer noch für die Mahlzeit gehalten, ganz wie früher auch. Nur: Es ist jetzt womöglich schwieriger, diese Verwechslung zu bemerken und sich nicht satt zu fühlen, obwohl man nur an der Speisekarte geleckt hat. Einerseits. Andererseits kommen – um im Bild zu bleiben – jetzt viel mehr Leute ins Restaurant, um wenigstens die Speisekarte zu sehen. Wie kriegen wir es hin, dass alle die Mahlzeit verlangen und lernen, wie man sie verzehrt?

Fokussierung und Ausdauer – das ist jetzt a) noch schwerer hinzukriegen, weil einfach unglaublich viel Ablenkung ist, und andererseits b) sie doch nur selbststeuernd möglich ist. Früher hatte die Selbststeuerung nicht viele Alternativen zur Auswahl, das war einfacher. Dafür ist für die Selbststeuerung aber jetzt viel mehr Sinnmöglichkeit da, denn jedes auch noch so abgelegene persönliche Interesse an einer Sache findet im Internet eine Resonanz.

Unter diesen Bedingungen ist es noch schwieriger, die komplexen Fähigkeiten zu lernen, die nötig sind, mit all dem für sich produktiv umzugehen. Und: Man lernt es, indem man es tut. Immer wieder, ausreichend übt. Und nicht allein, sondern mit Anleitung derer, die es schon können. Das sind nicht unbedingt die Lehrer.

Canettis Spruch ist: „Nichts ist wichtiger als das Atmen beim Denken“.
Dirk Baecker meint mit dem historischen Blick nicht nur eine Gegenüberstellung konsolidierter Formationen, sondern ebenso wie Michael Giesecke die Übergangszeit zwischen den Epochen. Dass wir in einer Übergangszeit leben, muss man immer sozusagen gedanklich in der Praxis – auch in der Praxis des Theoretisierens – mitführen, denn wir können in der historischen Analogie die Widersprüche besser verstehen, und daraus resultierende Konflikte vorhersehen und vllt entschärfen.

Das Entscheidende am Internet ist: Jeder kann „hineinschreiben“, und jeder kommt an alles ran, was bereits „hineingeschrieben“ ist. Die alten Gatekeeper haben nichts mehr zu sagen. Keine Autorität steht zwischen einer möglichen Information und mir. Das ist eine ungeheure emanzipatorische Möglichkeit.

Wenn der Reich-Ranicki zugeschriebene Satz fürs Fernsehen stimmte, fürs Internet bzw. WWW gilt er erst Recht. Denn der Wegfall der Filterautoritäten und seine in ca. 15 Jahren Entwicklung erfolgte Ersetzung durch Algorithmen, Filterbubbles, Cambridge Analytica und Hastdunichtgesehen heben die dringende Notwendigkeit für jeden, selbst vernünftig urteilen zu können, auf eine historisch neue Stufe. Und dabei reicht Quellenkritik keineswegs aus.

Wir haben vor 15 Jahren vor allem die demokratischen, die subversiven, die emanzipatorischen Möglichkeiten des WWW, das sich ja mit uns als Produser erst herausbildete, erlebt, – jedenfalls die, die „drin“ waren. Wir dachten, es würde keine neuen Filter, Gatekeeper und Autoritäten geben. Aber jetzt ist natürlich klar, dass wir das Heft nicht (alleine) in der Hand haben können. Nicht unter den Bedingungen des Kapitalismus. Na klar, es ist wie immer widersprüchlich. Facebooks Struktur ist nicht für das Ziel entwickelt worden, um der Menschheit etwas Gutes zu tun und alle als Freunde zu vernetzen, damit sie gemeinsam dem Klimawandel trotzen. Die Struktur von Facebook ist dazu da, Profit zu machen. Aber Fb liefert trotzdem, was wir brauchen: Eines der wichtigsten Weltweit-Vernetzungs-Tools.
Klar ist, dass es Propaganda, Desinformation usw. schon immer gegeben hat. Auf der Re:publica zitierte Frank Rieger eine Person, die einen russischen Propaganda-Sender mitleitet: „Haben wir alles vom RIAS im Kalten Krieg gelernt!“

Aber selbstverständlich ermöglicht das neue Leitmedium das alles auf neuer historischer Stufe, und, ich möchte es so zusammenfassen:
Wahrheit ist auch nicht mehr das, was sie mal war.
Wahrheit ist das symbolisch generierte Medium des Wissenschaftssystems. Aber Wissenschaftler, Experten usw. haben ihre Autorität eingebüßt. Und ja nicht unbedingt immer zu Unrecht. Dann passiert unter den Bedingungen der gegenwärtigen Verhältnisse folgendes:
„Reality is what you can geht away with“ – das heißt, dass die Wahrheit vom Wissenschaftssystem übergeht an Wirtschaft und Politik. Es ist überhaupt nicht das Problem Trumps, dass alle wissen, dass er lügt und betrügt. Es ist das Problem, dass es ihm und seinen Wählern egal ist. In Politik und Wirtschaft offen zu lügen, muss man nicht mehr kaschieren. Legitimation in Wirtschaft und Politik ist nicht mehr daran geknüpft, ob etwas plausibel ist.
Es gibt nur eine produktive Möglichkeit, damit umzugehen: Wahrheit als Begriff muss neu konzeptualisiert werden, mit allem Drum und Dran. Der Golem, das ist einerseits die Hoffnung, dass die Zaubermittel zum Ziel führen. Und zugleich die Befürchtung, dass wir diese Mittel nicht beherrschen können. (Ok, der Zauberlehrling bleibt im Kanon.) Die Angst, dass die Mittel die Ziele feindlich übernehmen, ist uralt. Sie betrifft nicht nur social media, sondern auch die Robotik, die Genetik mit CRISPR oder das, was KI genannt wird.

Ich gehe ersteinmal davon aus, dass die alte Erfahrung auch für heute gilt: Die Menschen (in ihren gesellschaftlichen Verhältnissen) hinter dem Golem sind das Problem, nicht der Golem. Aber auf einer neuen Stufe.
Diese schöne Zeichnung haben mir die Informatiker in meiner Twitter-Timeline zugespielt:

Schön ist, wenn die Form hart auf den Gehalt trifft.
Es gibt keine künstliche Intelligenz. Jedenfalls nicht im Sinne der psychischen Systeme, der Bewusstseine lebender Systeme, im Sinne des Menschen. Das sagt hier einer, der Professor für Medieninformatik an der TH Nürnberg ist. Aber ich habe jetzt viele KI-Forscher gesammelt, die genau so oder auch ähnlich so sprechen. Der Begriff Intelligenz im Zusammenhang mit Robotik ist demnach ein Marketingbegriff, aus den Tiefen des vorigen Jh. wieder hervorgeholt, um den Umgang mit Big Data durch Mustererkennung auf der Stufe des sog. Deep Learning sensationell zu bezeichnen. Denn es kommt darauf an, Forschungsgelder einzuwerben, und zwar unter den Bedingungen des Kapitalismus. KI muss nicht intelligent sein, sie muss Intelligenz nur hinreichend simulieren können (Maik Riecken).

Jetzt könnte man beruhigt sein, weil die Ablösung unserer Gattung als Herrscher der Welt durch die KI doch nicht droht.
Aber so einfach ist es nicht. Denn das neue Niveau an Technizismus wirkt selbstverständlich zurück auf unsere Weltbilder. Und das heißt, es wirkt auch auf die Vorstellung von dem, was wir uns unter menschlichem Denken und Lernen vorstellen, und damit, was menschliches Denken und gesellschaftliches Lernen ist. Nicht, was ich klug nennen würde.

Diese Kritik hier ist ja nur auf dem Vergleich der Apparate (der Device-Ebene) von vernünftigen Informatikern vorgetragen. D.h. es ist noch nicht mal berücksichtigt, dass nicht das Gehirn, sondern das Psychische System (im Sinne der Systemtheorie) bzw. das Subjekt (im Sinne des Dialektischen Materialismus) denkt und lernt.
Das gegenwärtige Alltags-Verständnis von Robotik bzw. KI wirft aber nicht nur die Vorstellung von dem, was Denken und Lernen ist, zurück, sondern lässt auch überall völlig unthematisiert, dass diese Technologie ein unglaublicher Energiefresser und Klimawandeltreiber ist. Das bedeutet, dass wenn wir diese Forschung weiter betreiben wollen, müssen wir die Energie anderswo einsparen – zusätzlich zu der sowieso bestehenden Aufgabe, unseren gesamten Energy Throughput drastisch zurückzufahren.

Am Ende kommt heraus, dass wir denken, menschliches Denken wäre, was Computer tun, nur in unserem Kopf, unvollkommen, weil mit viel zu wenig Daten, und viel zu langsam. Dann heißt es nicht mehr: „Überlasse das Denken den Pferden, denn die haben den größeren Kopf, mein Kind“, sondern „Überlasse das Denken der KI, denn die kann das viel umfassender und schneller, mein Kind“. Wir geben das Denken dann nicht an den Golem ab, vor dem wir Angst haben, sondern in Wirklichkeit an die Klasse der Besitzer der Technologie, die unsere Lebensgrundlagen zerstört und den Golem dafür sowohl als Sündenbock  als auch als Lösung anbietet.
die Grundlage des (post-)modernen Golem ist geblieben, in verschärfter Form, sowohl was die Grundmerkmale angeht, als auch, was die beiden zentralen ideologischen Botschaften (neben der allgemeinen Ideologie der Ideologielosigkeit) angeht:

Ein bisschen Wachstumsparadigma gibt es nicht. Aber es wird immer wieder versucht zu denken, es wäre so. Es ist nicht mehr möglich, den Klimawandel zu ignorieren oder gar zu leugnen, weil wir ihn schon spüren. Also muss damit auch offiziell irgendwie umgegangen werden. Das neue „Ein bisschen Frieden, ein bisschen schwanger“ ist die Idee des grünen Wachstums. Inzwischen bringen es die Degrowth Thinker auf folgenden Punkt: Es wird uns weis gemacht, dass es mehr Sinn machte, uns vorzustellen, wir könnten uns nach der Zerstörung der Lebensgrundlagen auf einen neuen Planeten zu beamen, als dass wir den Kapitalismus überwinden könnten.

Und Technologie wird nicht nur als Retter vor dem Klimatod verkauft, sie beteiligt jetzt auch alle dabei, die Zukunft zu gestalten.  Einfach einen Wunsch eingeben …

Cult of Technology nennt Joi Ito, der Leiter des MIT Media Lab, die Ideologie, die verhindert, dass Probleme als komplexe Probleme wahrgenommen werden und dass Komplexitätsverständnis – sei es dialektisch-materialistisch oder systemtheoretisch – einen prominenten Platz im Weltverständnis bekommen kann.
Im Netzdialog auf der Ebene der User macht man sich mit der Titulierung als Solutionism über diese Ideologie lustig, kann aber selbst nicht anders, als ihr großenteils zu folgen, weil man das Counter-Narrative, ein neues weltweit gemeinsames Verständnis, noch nicht hat, das man dagegen setzen könnte.
Nicht selten sind es dieselben Leute, die sich über Solutionism lustig machen, die Elon Musk für einen großen Menschenfreund und Intellektuellen halten.

Elon Musk, der Tesla- Unternehmer, Symbol der Technikgläubigkeit, der, wenn die Erde verbraucht ist, einen winzigen überlebenden Teil der Menschheit zum Mars umsiedeln will – dieser Typ, hat erst dann, als er sein Unternehmen durch Rationalisierung fast vor die Wand gefahren hat, gesehen, dass auch zum Profitmachen noch Menschen gebraucht werden. Er hatte dann große Probleme genügend Menschen ausfindig zu machen, die herausfinden konnten, wo die Programme seiner Roboter einen Bug hatten.

Es treffen sich sozusagen zwei Schlawiner. Das Digitale als historisch aktuelle Technologie, die nicht nur für die Kommunikation sondern auch für die Produktionsweise eine Neuformierung erzwingt, einerseits,
und der Kapitalismus in seiner neoliberalen Etappe der Privatisierung noch der allerletzten Allgemeingüter andererseits.
Das eine ist jeweils Bedingung und Produkt des anderen.
Gemeinhin wird das „Ökonomisierung der Bildung“ genannt, was ich hier aufzähle:

Auf der Ebene des allgemeinen Konsums besteht dieses Verhältnis:

Das ist die intelligente personalisierte Zahnbürste. Eine künstliche Intelligenz, hoch individuell, von deiner persönlichen Putzstrategie gesteuert.
Während natürlich dies hier die 4K –  intelligente Zahnbürste wäe

Dasselbe passiert auf der Ebene der Lehrprodukte und –Ideologien: Statt 4K-Lernen gibt es Learning Analytics, die intelligente personalisierte Lehrmaschine

Dräger und seine Mitstreiter sagen nicht, dass man alles auf diese behavioristische Weise lernen kann. So blöd sind sie nicht, bzw. für so blöd halten sie uns nicht. Sie sprechen in ihrem Buch auch über 4K. Allerdings sind das dann separate Welten, sie werden zu Social Skills (DIE HALTUNG) erklärt, die jenseits der Academic Skills (DES VERSTANDS) liegen. Den kognitiven Kram („Stoff“) lernt man mit der personalisierten Lernmaschine. Die Social Skills lernt man in Engagement-Projekten in ehrenamtlicher Tätigkeit „da draußen“. Die sind notwendige Portfolio-Füller für die Bewerbung bei der Bank.

Das ist natürlich nur ein Symbolbild, aber trotzdem zeigt es was. Nämlich die Allgegenwärtigkeit, die cultural hegemony der Vorstellung, dass Lernen ist, wenn wir Wissen aus dem Netz down- und in unseren Kopf uploaden.

Microsoft sagt, was Bildung ist. Die Didacta war schon immer eine Verkaufsmesse, nämlich die der Schulbuchverlage. Verkauft wurden nicht nur Schulbücher für Geld,  sondern selbstverständlich waren die Schulbücher in Übereinstimmung mit dem, was kulturhistorisch als Lernen verstanden war, und haben dadurch auch prominent die Kulturelle Hegemonie miterzeugt, die diktiert, WIE Lernen geht, und WAS zu lernen ist. Jetzt sind es die Riesenmonopole aus dem Silicon Valley, die diese Aufgabe übernehmen. Ein alter Widerspruch auf neuer Stufe.

Sie zeigen uns auch, was wir uns unter KI vorstellen sollen und wie wir Learning Analytics benutzen, um das „richtige“ Wissen in unseren Schülern upzuloaden. Sie übernehmen die (post-) moderne Lehrerbildung.

Das Forumbd ist die Institution, die in Deutschland umsetzt und dafür sorgt, dass die Modernisierung der Bildungssysteme im Rahmen der herrschenden Ideologie bleibt. Da ist finanziell mit den Stiftungen genügend finanzielles Wumm dahinter. Kritisiert wird von formaldemokratischen Lobbyismus-Kritikern, dass da doch keine gewählten Parlamentarier die Bildungspolitik bestimmten. Das ist jedoch m.E. zu kurz. Denn der Sinn dieser neuen Art von nicht demokratisch legitimierten Institutionen, die jedoch Experten aus dem Feld aus allen Ebenen (auch mich) mit den großen Edutech-Konzernen und Stiftungen zusammenbringen, ist der Versuch, das Versagen des Politiksystems zu beantworten. Das Problem ist: Auch die Wirtschaft braucht selbstständig denkende Leute – siehe das Problem bei Tesla – einerseits. Und andererseits gibt es kein Entkommen aus dem Problem, dass es die Möglichkeit nicht geben kann, per Entsagung aus der Gesellschaft auszutreten wie die Hippies auf Kreta. Helmut Willke hat 2014 das Problem der formalen Demokratie, die Aushöhlung der liberalen Demokratie und das Versagen der nationalen Politik beim Lösen der planetaren Probleme klug analysiert. Ich könnte mir allerdings andere Schlussfolgerungen vorstellen.

Worst case und der Gipfel der Ökonomisierung der Bildung ist Bridge International Academies
Bridge International Academies ist ein extrem standardisiertes Bildungssystem, das als Ware für Vorschul- und Grundschulbildung in mehrere afrikanischen Länder verkauft wurde. Mit allem Drum und Dran. Nicht nur die Schuluniformen, Lernhäuser, Möblierung, Lernmaterialien und Zugangsgeräte, sondern auch die Lehrerbildung sind Teil des Pakets „Bildungssystem“. Die Lehrerbildung kostet wenig, denn es genügt, wenn der Lehrer lesen und ein iPad benutzen kann. Die Instruktionen für Lehrer und Schüler werden vom ipad-Programm der Academies geliefert. Personalkosten sind niedrig, und wenig Personal ist nötig, Sachkosten sind eh der kleinste Teil. Der Trick dazu: Die Länder, die den Schrott kaufen, haben dabei auch die Hoheit über ihre eigenen Bildungssysteme an diese Firma abgegeben.
2014 mussten 10 Schulen in Kenia geschlossen werden, denn es hatte sich herausgestellt, dass die Schüler bzw. diese Schulen durch die Evaluation gefallen sind. Heute betreibt der Laden ca. 500 profitorientierte Vor- und Primarschulen in Kenia, Uganda, Nigeria und Indien. Die Lehrer, die nur eine 6-wöchige Ausbildung brauchen, bekommen ein um 30% niedrigeres Gehalt als studierte Lehrer.

Die Fridays For Future Bewegung wäre ohne Social Media nicht möglich gewesen.

Es ist die Organisierungsmaschine des 21. Jh, nachdem die Gewerkschaften und andere Organisationen der Arbeiterbewegung keine große Rolle mehr spielen, weil sie entweder zerschlagen wurden (im NS-Deutschland, von Thatcher in UK), oder sich selbst nicht als kluge Systeme erneuern können, weil sie an der Industriekapitalismus-Medaille kleben. Wenn wir uns noch mal an den Weinbergerschen Wissenbegriff erinnern:
Mit „Wissen ist zwischen, nicht in den Köpfen“, verstehen wir, dass dieses gesellschaftliche Wissen die einzige Möglichkeit ist, dass nicht jedes Neugeborene oder jede neue soziale Organisation wieder in der Steinzeit beginnt. Organisationen sind nicht nur technische Organisierer, sondern in ihnen liegt die gesellschaftliche Erfahrung in Form kollektiven Wissens. Bezogen auf die Organisierung der gesellschaftlichen Großaufgabe könnte man es Kampferfahrung nennen. Es ist auch historisches Wissen und Utopie-Wissen. Wenn heute der Begriff „Enteignung“ wieder aufs gesellschaftliche Diskurs-Tapet kommt, wird solches Wissen angezapft. Meine Studis neulich befragt, hatten bei dem Wort „Dienst nach Vorschrift“ etwas ganz anderes im Sinn („Alle sind gut angepasst“) als ich („So streiken Beamte“). Das war eine schöne Diskussion! Kommunikation ist eine der 4K. Und das ist seine wichtigste Bedeutung: Das gesellschaftliche Wissen am Laufen zu halten. Nicht das von heute allein. Auch das von gestern.

Das Netz organisiert die 99% gebildeter, junger, weltweit vernetzter englischsprachiger Menschen auf der ganzen Welt, einschließlich der First Nation People, die kein Kapital besitzen und nicht mehr den Lebensstandard ihrer bürgerlichen Eltern erreichen, bzw die sich als 2. und 3. Generation Opfer unterworfener autochtoner Kulturen wieder ihrer Ursprünge bewusst werden. Es organisiert auch die Menschen im globalen Süden. Es organisiert alle, die die globalen Bedrohungen erkennen und eine Gattungsperspektive einnehmen können, weil sie rassismuskritisch, lifestyletolerant und bereit sind, neue Verständnisse zu entwickeln und dabei auch an solchen anzuknüpfen, die nicht im bürgerlichen Katalog stehen.
Es sind die Internationalisten unserer Epoche. Sie sind dabei, ihre Organisationserfahrung zu machen und wieder historisch zu lernen, statt von Adam und Eva zu beginnen und das Rad neu zu erfinden. Die Zeit ist kostbar. Und eine der wichtigsten Fragen steht zur Debatte:

Meine 2 Cent dazu sehen so aus:

 

 

 

 


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